Teile und Herrsche

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Die politische Strategie des „Teile und Herrsche“ – oder historisch besser bekannt unter dem lateinischen Ausdruck „Divide et impera“ – ist wahrscheinlich so alt wie der organisierte Wille verschiedener Individuen, über den Rest der Menschheit zu herrschen. Die Idee dahinter beschreibt im Wesentlichen die Anwendung verschiedener Taktiken, um ein Volk oder eine Gruppe von Menschen in kleinere Fraktionen zu spalten, die sich gegenseitig bekämpfen, um sie so leichter kontrollieren zu können.

So beschrieb bereits der römische Geschichtsschreiber Tacitus um 100 n. Chr. in seinem Werk ‚Agricola‘ diese gängige Praxis. Das römische Reich spielte lokale Stämme oder Volksgruppen gegeneinander aus, damit sie sich nicht gemeinsam gegen Rom auflehnen konnten. Auch der italienische Schriftsteller und Philosoph Machiavelli beschrieb diese Taktik bereits in seinem Buch ‚Il Principe‘ (‚Der Fürst‘) um 1532 in seinem bedeutenden Werk über Macht, Politik und Herrschaft:

“Ein kluger Fürst muss Methoden finden, um Zwietracht zu säen, sodass seine Untertanen ihn brauchen.” [Machiavelli in ‚Il Principe‘, 1532]

Und auch wenn das Römische Reich nur noch in den Geschichtsbüchern existiert, so hat sich diese äußerst erfolgreiche Taktik der Herrschenden nur weiterentwickelt und wurde den jeweiligen Zeiten und Epochen angepasst und verfeinert. Betrachten wir dazu die heutige politische Bühne und die Spaltung der Völker in linke und rechte Lager.

Dabei ist zu beachten, dass die Taktik des Teilens und Herrschens keineswegs auf politische Lager beschränkt ist. Sie findet ihre Anwendung zwischen den Geschlechtern, Kulturen, Hautfarben, Generationen oder sozialen Schichten.

Die Begriffe “links” und “rechts” stammen ursprünglich aus der Französischen Revolution (1789). Damals saßen in der französischen Nationalversammlung die Revolutionäre und Reformer links vom Parlamentspräsidenten, die konservativen Anhänger des Königs rechts. Diese Sitzordnung etablierte sich als politische Metapher und wurde später weltweit übernommen. Der politische Begriff links stand ursprünglich für liberale Ideen wie den freien Markt oder die Menschenrechte und wurde erst im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts stärker mit sozialistischen und kommunistischen Bewegungen in Verbindung gebracht. Die politische Rechte stand historisch für konservative Kräfte, die Monarchie, Kirche und bestehende Eliten schützen wollten.

Interessanterweise haben sich diese Begriffe im heutigen politischen Sprachgebrauch stark gewandelt. So wurden in den letzten Jahren Menschen, die gegen bestehende Machtverhältnisse, Lockdowns oder andere Regelungen von Regierungen auf die Straße gingen, in die rechte politische Ecke gestellt. Die politische Linke steht heute eher für einen starken Staat und die Einschränkung des freien Marktes. Tatsächlich sind in den letzten Jahren viele linke Kräfte sogar für die Regierung auf die Straße gegangen.

Heutige Anwendung

Betrachtet man nun unser heutiges politisches Klima in der Gesellschaft, so findet man quer durch alle Gesellschaftsschichten und in beiden politischen Lagern vor allem viel Hass und Missgunst zwischen den Parteien. Man könnte fast meinen, dass die Spaltung des Volkes in links und rechts und das Säen von Zwietracht durch die Politik kaum besser hätte betrieben werden können.

Doch wie konnte es dazu kommen und muss ich meinen Nachbarn wirklich hassen, nur weil er anderer Meinung ist? Um diese Frage zu beantworten, wollen wir uns zunächst die Grundhaltungen der meisten „liberalen“ und „konservativen“ Bürger fernab der politischen Bühne von links und rechts etwas genauer ansehen.

Menschen aus dem liberalen Spektrum verstehen sich als sozial und weltoffen. Sie wollen, dass den Armen geholfen wird und dass in der Gesellschaft eine grundlegende soziale Gerechtigkeit herrscht. Sie wollen ihre Liebe frei ausleben und sorgen sich um die Umwelt.

Menschen aus dem konservativen Spektrum wollen die Werte der traditionellen Familie erhalten und vertreten christliche Werte wie Ehrlichkeit, Fleiß und Verantwortungsbewusstsein. Sie wollen, dass Menschen, die in unserer Gesellschaft hart arbeiten und einen echten Mehrwert schaffen, dafür auch belohnt werden und die Früchte ihrer Arbeit behalten dürfen. Sie sind stolz auf ihre Kultur und wollen vor kriminellen Eindringlingen geschützt werden.

Wenn man beide Argumente betrachtet, gibt es eigentlich keinen Grund für einen Konflikt. Liest man einem durchschnittlichen Menschen beide „Wunschzettel“ vor, so wird er wahrscheinlich allem zustimmen. Jeder einzelne Punkt hat für jeden eine individuelle Gewichtung, aber kaum jemand wird die Grundwerte der anderen Seite strikt ablehnen.

Die einen würden sich sagen, sie wollen mit Freunden in einer Kommune leben, den Armen und Bedürftigen etwas geben und ab und zu einen Rave veranstalten. Ihre Nachbarn würden sich vielleicht sagen, dass sie heiraten und eine Familie gründen, einen eigenen Handwerksbetrieb gründen und in einem großen Haus leben wollen. Auch wenn sie manche Dinge anders sehen und mit dem Lebensstil des anderen nicht viel anfangen können, wird sich keine Seite moralisch berechtigt fühlen, dem anderen ihre Weltanschauung aufzuzwingen. So weit, so gut.

All dies ändert sich mit einer einzigen magischen Zutat: einer externen Autorität. Auf einmal ist es moralisch legitim, dem Nachbarn die eigene Weltanschauung aufzuzwingen, solange diese Maßnahmen von der Autorität, im aktuellen Fall der Regierung, durchgeführt werden.

Und plötzlich sagt der Liberale: „Ich werde dir verbieten, ein Auto mit Verbrennungsmotor zu fahren und jeden Tag Fleisch zu essen. Ich werde dich zwingen, die Leute einzustellen, von denen ich denke, dass sie für dich arbeiten sollten, und ich werde dich zwingen, ihnen das zu bezahlen, was ich für gerecht halte. Ich werde dich zwingen, den Armen etwas zu geben“.

Und der Konservative sagt: „Ich werde dich zwingen, für das Militär zu bezahlen. Ich werde es deinen ausländischen Freunden so schwer wie möglich machen, nach Deutschland zu kommen“.

Wo ist die gegenseitige Toleranz geblieben? Das Monster namens „Autorität“ hat sie gefressen.

Die linke Parteifront flüstert den Liberalen leise ins Ohr: „Stellt euch vor, wir könnten Bauunternehmer dazu zwingen, ihre Wohnungen billig zu vermieten. Stellt euch vor, wir könnten jeden Bürger zwingen, unsere Klimaagenda zu finanzieren. Stellt euch vor, wir könnten Unternehmen dazu zwingen, ihren Mitarbeitern höhere Löhne zu zahlen.“

Gleichzeitig flüstert die rechte Parteifront den Konservativen zu: „Stellt euch vor, wir könnten das Militär so groß machen, dass es niemand mehr wagt, uns anzugreifen. Stellt euch vor, wir könnten die Unternehmen subventionieren, die es verdienen. Stellt euch vor, wir könnten die Grenzen schließen und keine illegalen Einwanderer mehr in unser Land lassen“.

Und gemeinsam rufen beide politischen Lager im Chor: „All das kann wahr werden, wenn ihr uns nur die Macht gebt, es einfach umzusetzen!“

So einfach ist es, aus friedlichen Nachbarn erbitterte Feinde zu machen. Normalerweise fühlt sich der Durchschnittsbürger moralisch nicht berechtigt, gegen seinen Nachbarn gewaltsam vorzugehen. Der einzelne Bürger fühlt sich moralisch eigentlich nur zur Gewaltanwendung berechtigt, um sich oder andere gegen direkte gewaltsame Angriffe zu verteidigen. Gewalt, die von der „ Autorität “ ausgeübt wird, ist jedoch für die meisten Menschen gerechtfertigt und legitim.

Natürlich ist es für die Grundmechanismen der Politik völlig unerheblich, ob eine eher linke oder rechte Partei regiert. Die Staatsverschuldung steigt weiter, Kriege und Waffenexporte werden weiter finanziert und die herrschende politische Klasse bereichert sich an ihrer Machtposition. Ein gutes Beispiel dafür ist der Regierungswechsel in Deutschland im Februar 2025. Von einer eher links-liberalen Regierung mit Rot-Grün zu einer eher rechts-konservativen Regierung mit der CDU. Wenn man es nicht an den unterschiedlichen Farben der Parteien erkennen könnte, würde man den Regierungswechsel kaum bemerken: Kriegskurs, Klimaagenda, steigende Staatsverschuldung und Ausbau des technokratischen Staates gehen ohne Pause weiter.

Und doch sind diese Wahlen zwischen den etablierten Großparteien und das politische Theater zwischen Links und Rechts von entscheidender Bedeutung für das Spiel des Teilens und Herrschens. Denn jetzt können alle Karten ausgespielt werden.

Durch den wiederkehrenden Machtwechsel können sich linke und rechte Parteien öffentlichkeitswirksam den Schwarzen Peter zuschieben, sobald es um Steuererhöhungen, Einschränkungen individueller Freiheiten oder andere negative Folgen der Politik geht. Und als wäre das nicht schon verrückt genug, richten die Bürger ihren Unmut über solche Maßnahmen nicht gegen die Politiker, die sie umsetzen, sondern gegen den eigenen Nachbarn, der mit seiner falschen Meinung auch noch falsch gewählt hat. Spiel, Satz und Sieg für Politik und Großkapital.

Wer diese Mechanismen und den Aufbau der Politik noch besser verstehen möchte, dem seien die Bücher von Larken Rose empfohlen: ‚Der Nutzmensch: Handbuch für einen modernen Tyrannen‘ & ‚Die gefährlichste aller Religionen‘.

 

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